Wetternews: Explosiver samstäglicher Fussballmatch

Aktuell hält die Fussball Europameisterschaft die Sportwelt in Atem. Und eines Achtelfinals würdig zeigen die kommenden 2 Tage eine sehr spannende (Wetter) Entwicklung: Nach einem Abtasten in der ersten Halbzeit (Freitag) folgt eine wahrlich explosive zweite Spielhälfte am Samstag.

Eine eventuelle Nachspielzeit bietet weiteren Raum für Unvorhergesehenes. Wir blicken voraus.

Freitag, die erste Halbzeit

Beginnen wir mit dem Freitag. Die gegnerischen Mannschaften tasten sich ab und entsprechend wenig los ist auf unserem meteorologischen Spielfeld: Das Spiel beginnt gleichwohl mit einem nicht alltäglichen Spielzug: Ein schwacher thermischer Trog schwenkt am Morgen auf der Alpennordseite durch. Er ist aber nicht spielentscheidend und wird vermutlich nur einen vorübergehenden Wolkenschub auslösen.

Vielmehr dominiert im Bodenfeld schwacher Hochdruckeinfluss, in der Höhe lenkt ein von den Britischen Inseln zur Nordsee ziehendes Tiefdruckgebiet mit einer westlichen Strömung labile und mässig feuchte Luft zur Schweiz.

Das Höhenfeld zeigt keine ausgeprägte zyklonale oder antizyklonale Orientierung. Prinzipiell ist die Luftmasse inneralpin und im Süden ein wenig stabiler (genaugenommen ein wenig „weniger labil“) und entsprechend wird die im Tagesverlauf auflebende Konvektion sich vornehmlich auf die Orographie, namentlich den Jura konzentrieren. Konvektive Überraschungen sind allerdings auch an den Voralpen und eventuell im Flachland möglich.


Wahrscheinlichkeit für über 5 mm Regen am Freitag gemäss ICON CH2 Ensemble. (MeteoSchweiz)

Halbzeitpause, die Nacht von Freitag auf Samstag

Getreu dem Motto „wir benötigen frische Impulse für die zweite Halbzeit“ läuft sich in der Halbzeitpause ein spielentscheidender Einwechselspieler in Form eines Höhentiefs über der Iberischen Halbinsel warm.

Samstag, die zweite Halbzeit

Das Höhentief zieht bis Samstagmorgen zu den Pyrenäen und löst nördlich davon eine Tiefdruckentwicklung aus. Besagtes Tief wandert im weiteren Tagesverlauf langsam nordwärts und bewirkt auf der Alpennordseite Druckfall. Während auf der Alpennordseite in den unteren Luftschichten Bise einsetzt, kommt in den Alpentälern Föhn auf.

Von weit grösserem Interesse auf unser „Spielgeschehen“ ist die mit dem Tief einhergehende Zufuhr heisser und sehr feuchter Luft zur Schweiz, die mit der tageszeitlichen Aufheizung weiter labilisiert wird. Doch damit nicht genug: In den Abend- und Nachstunden zieht das Höhentief unter Abschwächung knapp westlich der Schweiz entlang nach Nordosten und labilisiert die Luftmasse zusätzlich.


Situation am späten Samstagnachmittag. Das Tiefdruckzentrum liegt über Zentralfrankreich, der Wassergehalt der Luft ist über Frankreich und der Schweiz sehr hoch („total column water“ = niederschlagbares Wasser). Das Höhentief liegt über Südfrankreich (rechte Abbildung) und führt aus Süden feuchtheisse Luft zur Schweiz, erkennbar an der hohen äquivalentpotentiellen Temperatur). Quelle: ECMWF IFS HRES

Gemäss den aktuell vorliegenden Prognoseunterlagen ist es am Samstag zunächst meist sonnig. Ab dem späteren Nachmittag ziehen aus Südwesten Gewitter über die Westschweiz und den Jura nach Nordnordosten. Ergiebige Niederschläge in kurzer Zeit sowie vorübergehend stark bis stürmisch auffrischender Wind werden voraussichtlich die Hauptgefahren darstellen.

Als ob auf unserem meteorologischen Spielfeld nicht schon genug los wäre: Bereits in der Nacht zu Samstag stürmt ein „Flitzer“ namens Saharastaub den Platz und sorgt tagsüber für die eine oder andere Überraschung. Vermutlich wird die Besonnung und damit die Tageshöchsttemperatur etwas reduziert, aber dennoch sind verbreitet Höchstwerte um 30 Grad zu erwarten. Ferner beeinflusst Saharastaub die Gewitterbildung und mag noch für die eine oder andere „Wendung“ des gewittrigen Spielgeschehens sorgen.


Später Samstagnachmittag. Mit Saharastaub angereicherte Luft liegt über der Schweiz. Quelle: Copernicus

Samstagabend, die Nachspielzeit

Die vornehmlich über die Westschweiz nordwärts ziehenden Gewitter lösen markanten Outflow aus, der entlang der Voralpen nebst der Orographie noch auf die Föhnströmung trifft. Unser „Edeljoker“ der Nachspielzeit sind lokale Gewitter in diesen Regionen. Und auch die gegnerische Mannschaft hat noch einen allerletzten Auswechselspieler auf der Bank: In der feuchtlabilen Luftmasse auf der Alpensüdseite entwickeln sich am Abend teils heftige Gewitter, die mit der südsüdwestlichen Höhenströmung auf die Alpennordseite übergreifen.

Weitere Infos und Grafiken

Weitere Informationen und Grafiken zur bevorstehenden samstäglichen Gewitterlage finden Sie im heutigen Blog unserer Kolleginnen und Kollegen aus Genf:

Un match de football explosif


Geopotential und Temperatur am Samstagabend gemäss ECMWF IFS HRES auf rund 500 hPa (ca. 5750m), der Fussball markiert die Position des Höhentiefs.

 

Quelle: Bundesamt für Meteorologie MeteoSchweiz / Explosiver samstäglicher Fussballmatch – MeteoSchweiz (admin.ch)
Titelbild: Bundesamt für Meteorologie MeteoSchweiz